Marktbericht November 2010

Von einem Wirtschaftswunder sind wir noch weit entfernt

Die derzeitige Nachrichtenlage ist alles andere als voradventlich: Terrorangst in Deutschland, Angst vor einem irischen Staatsbankrott, Angst vor neuen Schulden- und Währungskrisen weltweit. Andererseits: der Konjunkturmotor brummt. Galt Deutschland in den vergangenen zehn Jahren als einer der wachstumsschwächsten Staaten Europas, sind wir nun plötzlich wieder das Wirtschaftswunderland.

Alles dies spiegelt sich in der jüngsten Erhebung des King Sturge Immobilienkonjunktur-Index wider. Sie zeigt, dass die Zuversicht der Marktteilnehmer in die aktuelle Geschäftsentwicklung zwar auf hohem Niveau verharrt, die gestiegenen konjunkturellen Risiken jedoch einem weiteren Stimmungsaufschwung bei Nutzernachfrage und Mietentwicklung entgegenstehen.

Die Anfang November veröffentlichten Wachstumszahlen zeigen, dass die deutsche Wirtschaft seit dem vorläufigen Ende der Wirtschafts- und Finanzkrise um durchschnittlich 0,9 Prozent pro Quartal zulegen konnte. Das sind 3,6 Prozent jährlich. Steht Deutschland somit tatsächlich vor einem zweiten Wirtschaftswunder?

Die Wachstumszahlen sollten genauer betrachtet werden. Denn neben dem Einbruch des Bruttoinlandproduktes (BIP) 2009 von 4,7 Prozent, verblasst ein Aufschwung von 3,6 oder 3,7 Prozent in diesem Jahr. Außerdem ist der Aufschwung vor allem auf Exporte zurückzuführen. Das Exportwachstum hat bis ins zweite Quartal 2010 mehr als acht Prozentpunkte zum Wachstum beigetragen. Der Beitrag des privaten Konsums war jedoch negativ. Hier zeigt sich, dass die Binnenkonjunktur noch immer erheblichen Nachholbedarf hat. Zugleich kühlt sich das Exportwachstum jedoch schon wieder ab. Von Wundern sind wir demnach weit entfernt.

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Sensibilität auf hohem Niveau

Aufgrund der aktuellen Diskussion eines irischen Staatsbankrottes sowie weiteren schwelenden Konjunkturrisiken bewerten die Immobilienexperten das Immobilienklima im November geringfügig negativer als noch vor einem Monat. Der Stimmungsindikator setzt seinen Aufschwung nicht fort, sondern reagiert mit einem Richtungsschwenk. Statt eines neuen Höchststandes wird eine Seitwärtsbewegung eingeleitet, die sich in den kommenden Monaten zu einer Plateauphase verfestigen könnte. In dieser Orientierungsphase bietet sich die Gelegenheit den bisherigen Kurvenverlauf zu reflektieren:

Intensität und Geschwindigkeit des Abschwungs in der vergangenen Krise korrelierten stark mit der Entwicklung der Realwirtschaft und deuteten ein V-förmige Ausprägung an. Der aktuelle Aufschwung benötigte jedoch nahezu zwei Jahre des vorsichtigen, aber beständigen Wachstums, um auf den heutigen Wert zu klettern. Der zweite Ast komplettiert aufgrund der deutlich geringeren Steigung dabei jedoch nicht die V-Form. Aufgrund des deutlichen Wendepunktes Ende 2008 lässt sich auch keine U-Form erkennen. Die gefühlte Stimmung der Immobilienexperten lässt sich also nicht in ein alphabetisches Schema pressen.

Bei der Bewertung des aktuellen Indexstandes ist auch das absolute Wertniveau entscheidend. So hat das Immobilienklima nach oben noch deutlich Luft, positioniert sich jedoch bereits jetzt oberhalb der Werte von Anfang 2008. Auch die Immobilienkonjunktur gleicht dem Stand von Herbst 2007, also einer Zeit, bevor sich die Krise voll entfalten konnte. Die hier abgebildeten Indizes entwickeln sich demnach ähnlich dynamisch wie derzeit die Realwirtschaft und lassen Zweifel an dem immobilienwirtschaftlichen Mythos aufkommen, dass diese ein bis zwei Jahre zeitverzögert auf die allgemeine Konjunktur reagiert. Dies lässt sich zumindest für die investive Immobilienwirtschaft konstatieren, die Bauträgerwirtschaft hingegen gehorcht anderen Paradigmen. Subsumierend geben die Kurvenverläufe Anlass dazu, die eingebrannten Muster zu überdenken.

Immobilien-, Handel- und Büroklima rückläufig

Der leichte Abschwung des Klimas basiert im Wesentlichen auf dem Rückgang des Investmentklimas. Demgegenüber sehen die Befragten mehr Potenziale bei den Erträgen bzw. Mieten. Das steigende Ertragsklima verhindert, dass das Immobilienklima noch stärker sinkt. Bei den Immobiliensegmenten werden Wohnimmobilien und Industriegebäude positiver bewertet, Büros und Einzelhandelsobjekte werden von den Befragten kritischer gesehen.

Werte und Veränderungen der Indizes

Oktober 2010November 2010∆ (%)
Immobilienklima137,0136,8-0,1
Investmentklima146,1143,2-2,0
Ertragsklima128,1130,62,0
Büroklima125,1123,6-1,2
Handelklima141,0140,4-0,4
Wohnklima160,5164,52,5
Logistikklima124,6129,64,0
Immobilienkonjunktur205,3208,61,6

Quelle: bulwiengesa AG

Werte und Veränderungen der Indizes

5,7 %
April80,2
März75,9
10,7 %
April67,6
März61,1
2,1 %
April93,4
März91,4
4,4 %
April128,0
März122,6
4,3 %
April58,0
März55,6
0,9 %
April109,3
März108,3
11,5 %
April68,0
März61,0
7,6 %
April96,9
März90,1
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Sperrvermerk/Disclaimer

Dieser Bericht fasst ausschließlich die Ansichten der Panel-Mitglieder zusammen und gibt nicht unbedingt die Meinung der Deutschen Hypo wieder.

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